Peter Hagenah
Peter Hagenah

Die Kunst-Krypta in Bremen

Kurz nach der Währungsreform hatte ich den Wunsch, eine Kunsthandlung zu gründen. Die allgemeine Raumnot zwang mich dazu, einen Tiefbunker in Bremens Wallanlage in der Innenstadt zu mieten. Trotz der Trümmer ringsum und dem Mangel, gab es Hoffnung, Zuversicht und Aufbruchstimmung. Sie mobilisierten Kräfte, einen neuen Anfang zu wagen. Phantasie und Improvisation waren jetzt gefragt. Zwar fehlte mir das nötige Kapital, doch war ich erst 21 Jahre alt und hatte Ideale.

Natürlich war es ein Wagnis, Grafik, Aquarelle und Ölbilder, die ich bisher in einer Kunsthandlung verkauft hatte, ausgerechnet in einem unterirdischen, 120 qm großen Tonnengewölbe zeigen zu wollen. In jener Kunsthandlung wurden damals überwiegend sogenannte "Worpsweder Kunst" gezeigt in Räumen, die nach der Währungsreform dann aufgegeben wurden. In eigener Verantwortung plante ich, diese Arbeit jetzt fortzusetzen. So dachte ich.  [...]

Hiermit beginnt das Buch im ersten Kapitel mit der Beschreibung der Kunst-Krypta.
Atmosphäre und Geschichte der Krypta und der darauf folgenden Ausstellungsorte nach dem Abriss des Gebäudes stehen im Mittelpunkt.

Peter Hagenah fährt etwas später fort:

[...]  Seine hier entstandenen schlichten Formen [Berber Credners] wurden "reduzierend" gebrannt.

Von dieser Technik hatte ich bisher noch nie gehört.

Sie machte mich neugierig.
Noch mehr sollte ich aber über den Inhalt seines zweiten Koffers staunen, der keramische Unikate der Werkstatt Hohlt aus Katzbach/Obb. enthielt. Diese Formen, von Albrecht und Görge Hohlt gedreht und glasiert, machten einen solchen Eindruck auf mich, daß ich, man kann sagen blitzartig, vom "Bacillus Ceramicus" befallen wurde!

Von dieser Stunde an glaubte ich zu wissen, was ich in Zukunft in meiner Krypta zeigen und anbieten wollte. Solche künstlerische keramische Qualität, sollte möglichst viele Interessierte mit jenem "Bacillus" infizieren!

Als ich 1949 in Bremen begann zeitgemäße Keramiken auszustellen war noch allgemein der Verkauf von "Töpferarbeiten" auf Messen und in Fachgeschäften üblich. Mein Angebot sollte die hohe Qualität des Gezeigten demonstrieren. Auch das zunächst ungeübte Auge sollte das Besondere der Form und der Glasur des keramischen Unikates erkennen lernen können.

Anfangs mußte ich mich dabei auf meine Intuition verlassen; mir fehlte noch das spezifische Wissen im Umgang mit dieser Kunst. Auf dem damals allgemein ungesicherten Terrain der Beurteilung und der kritischen Einschätzung künstlerischer keramischer Formen gab es weder Fachbücher noch Zeitschriften, die mir Kenntnisse und Hintergründe sowie Namen hätten vermitteln können. (Bernard Leachs "Töpferbuch" war noch nicht auf dem deutschsprachigen Markt.)

Es waren zunächst die frühen asiatischen Arbeiten, besonders der Sung-Zeit, die mich in den Bremer und Hamburger Museen so faszinierten und die mir halfen, die ästhetische Schönheit der Keramik zu erkennen.

Daß mir zu dieser Zeit zufällig Max Laeugers Buch "Keramische Kunst" in die Hand fiel, schien vorherbestimmt. Meine Vorstellungen und Begriffe formten sich so und wurden konkreter. Geprägt auch von den Qualitätsmerkmalen der Hohltschen Werkstatt, brauchte ich bei meinen weiteren Entdeckungen nicht lange zu suchen: Wenn auch mit anderen Formen, Oberflächen und Brenntechniken, arbeitete Otto Meier im nahen Worpswede. Die ersten Einzelstücke von Jan Bontjes van Beek erwarb ich von der Schwester seiner ersten Frau Olga, Amelie Breling in Fischerhude. Elisabeth Pluquet-Ulrich, die noch ihre Gesellenprüfung bei Auguste Papendieck abgelegt hatte, drehte ihre Gefäße in Bremen.

Ein besonders glücklicher Umstand fügte es, daß mir der gesamte Nachlaß von weit über einhundert Unikaten der Altmeisterin Papendieck anvertraut wurde. Mit ihnen bestritt ich 1950 meine erste Ausstellung, die in der Bremer Presse gut aufgenommen wurde.
[...]




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